Scicli

Scicli, eingebettet zwischen Tälern

In seinem Buch Le Città del Mondo beschreibt der Schriftsteller Elio Vittorini sie 1955 folgendermaßen: „… In einem der Jahre, als wir, die wir heute Männer sind, noch Halbwüchsige oder Kinder waren, an einem Spätnachmittag im März: Es war einmal auf Sizilien ein Schäfer, der mit seinem Sohn und ungefähr 50 Schafen, auch mit einem Hund und einem Esel, das Stadtgebiet von Scicli betrat. Scicli liegt am Kreuzungspunkt dreier Täler; die Häuser ziehen sich allseits die Hänge hinauf, die große Piazza unten überspannt ein ehemaliges Flussbett, und uralte Kirchengebäude krönen an mehreren Stellen wie barocke Akropolen das Halbrund der Berge. Scicli liegt im äußersten Südosten der Insel, und wer sich ihr vom Landesinnern aus nähert, der sieht sie ganz plötzlich zu seinen Füßen liegen, ganz festlich mit ihren zusammengedrängten Dächern, den Elstern und läutenden Glocken; wer hingegen von der nicht weit entfernten Küste kommt, erblickt sie, wie sie sich mit zehntausend schwarzen Fenstern an die gesamte Bergflanke schmiegt, zwischen sich schlängelnden Rauchfahnen und dem gelegentlichen Aufblitzen eines plötzlich sich öffnenden oder schließenden Fensters in der Sonne… „Was ist das?“ fragte er, „Ist das Jerusalem?“ In seinen Augen steckten blaue Sonnenspitzen, sodass er nicht sah, was sein Vater machte. Jedoch hörte er ihn antworten: „Ich weiß nicht, welche Stadt das ist“. Damit hatte der Vater nicht gesagt, dass es nicht DIE Stadt schlechthin sein könnte: „Ob sie nun Jerusalem oder anderswie heißt – wie glücklich müssen sie in dieser Stadt sein!...“
In der Tat erstreckt sich Scicli auf einer weiten Hochebene genau zwischen drei engen, tief ins Land eingeschnittenen und „Cave“ genannten Tälern (Modica, Santa Maria La Nova und San Bartolomeo), die in uralter Vorzeit durch tektonische Brüche entstanden sind und dann den Sturzbächen als Bett dienten. Die Anwesenheit des Menschen im Gebiet um Scicli lässt sich seit der Kupfersteinzeit nachweisen, und zwar anhand der Funde aus der Grotta Maggiore in der Nähe des Ospedale Busacca, die aus der Periode zwischen der Kupferzeit und der frühen Bronzezeit (3.-2. Jahrtausend v. Chr. bis zum 18.-15. Jh. v. Chr.) stammen. In der Folge wurde Scicli von verschiedenen Völkern beherrscht: Von den Arabern, unter denen es zu großer wirtschaftlicher und landwirtschaftlicher Blüte gelangte, den Normannen, die es als eine der wenigen Städte auf Sizilien zur Domänenstadt machten, und den Aragoniern, unter denen es Grafschaft wurde, Schließlich ging das Gebiet in den Besitz verschiedener sizilianischer Adelsfamilien über, bis die Stadt 1860 (während der Garibaldinerzeit) per Plebiszit von Piemont annektiert wurde. Indem sie sich nach und nach vom Hügel bis hinunter zur Ebene ausbreitete, nahm Scicli seine topografische Form zwischen dem 14. und dem 16. Jh. an; die Bevölkerung war beträchtlich gewachsen, aber 1626 wurde sie durch die Pest um fast zwei Drittel reduziert, sodass von den ursprünglichen 11.000 Einwohnern nur noch etwa 4.000 übrig blieben. Nachdem die Pest abgeflaut war, gab es wirtschaftliche Erleichterungen für diejenigen, die sich entschlossen, in der Stadt wohnen zu bleiben, sodass Scicli bald wieder eine positive demografische Entwicklung verzeichnen konnte – bis das katastrophale Erdbeben von 1693 einen Großteil der Stadt zerstörte und 3.000 Menschenleben forderte. Auf den Trümmern wurde Scicli dann in reinem Barockstil wieder aufgebaut und ist heute gekennzeichnet von zahlreichen Gebäuden aus dem frühen 18. Jh., darunter besonders erwähnenswert: der barocke Palazzo Beneventano aus dem späten 17. Jh., der als einer der schönsten Palazzi auf ganz Sizilien gilt, Palazzo Fava und Palazzo Spadaro, mehrere bedeutende Kirchen wie San Matteo, San Bartolomeo (aus dem 15. Jh., mit einer schönen Krippe aus Holz), San Giovanni Evangelista und Santa Maria La Nova, eine uralte Kirche byzantinischen Ursprungs. Diese Palazzi bestimmen zusammen mit den Kirchen und den vier Klöstern dank ihrer eindrucksvollen Architektur das Gesicht dieser großartigen Stadt; in der Tat wurde Scicli 2002 von der UNESCO als Erbe der Menschheit ausgewiesen. Dem Besucher, der durch seine engen Gassen spaziert, bietet Scicli aber auch die Möglichkeit, sich in einem der berühmten Cafés bei einem cannolo oder einer granita zu entspannen oder in einer alten Trattoria im Stadtzentrum ein ausgezeichnetes Mittagessen aus den Zutaten der Gegend zu genießen. Ganz in der Nähe liegt einer der schönsten Küstenstreifen Siziliens mit mehreren Kilometern Sandstrand zwischen Donnalucata und Sampieri; ein Teil davon steht unter Naturschutz wie z. B. die Mündung des Flusses Irminio. Unter den jährlich wiederkehrenden Stadtfesten von Scicli erinnern wir an die „Festa delle Milizie“ Ende Mai, bei der die Schlacht zwischen sarazenischen Türken und christlichen Normannen (1091) nachgestellt wird, und „Il Gioia“ am Ostersonntag zu Ehren der Auferstehung Christi.


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