Das Grabungsgebiet Neapolis, das "Ohr des Dionys" und das griechische Theater

Der Archäologiepark Neapolis in Syrakus, das griechische Theater, die Latomien und das "Ohr des Dionys"

Das archäologische Gebiet Neapolis („Neapolis“ aus dem Griechischen für 'Neue Stadt') im Nordwesten der Stadt Syrakus stellt ein fantastisches Epochenbild der Geschichte des antiken Syrakus dar und bildet den Kern des ausgedehnten Archäologieparks, der sich über etwa 240.000 qm erstreckt. Er ist das Ergebnis eines langen und schwierigen, in den 1950er Jahren begonnenen Konservierungsprojekts und umfasst nicht nur den Teil der Stadt mit den meisten antiken Baudenkmälern, sondern auch eine dichte Reihe von Zeugnissen aus verschiedenen Epochen, von der Frühgeschichte bis zur Spätantike und der byzantinischen Zeit.

Der Park wurde zwischen 1952 und 1955 von der Behörde für den Schutz von Kulturgütern für Ostsizilien (unter der Leitung von Luigi Bernabò Brea) mit von der Cassa per il Mezzogiorno zur Verfügung gestellten Fördermitteln eingerichtet und auf Initiative Vincenzo Cabiancas in den allgemeinen Flächennutzungsplan von Syrakus aufgenommen. Die Absicht war, den antiken Monumenten einen eigenen Standort zu geben und damit die Beeinträchtigung ihrer Substanz und ihres Werts durch die voranschreitende Ausbreitung der Stadt zu verhindern. In der Tat erlebte Syrakus von den 1950er bis zu den 1980er Jahren einen so plötzlichen und rasanten Bevölkerungsanstieg, dass viele Gebiete in der umliegenden Campagna intensiv bebaut wurden; dabei wurden Wohnhäuser auch über antiken Nekropolen, Thermalbädern und Tempeln errichtet. Es ist Vincenzo Cabiancas Einsatz zu verdanken, dass das Gelände des Archäologieparks nicht angetastet werden konnte.


Der Park liegt auf einem niedrigen Felsrelief, das als Colle Temenite bekannt ist: Im Süden dieses Hügels befinden sich die ersten Monumente der Neapolis, im Norden die in den Fels gehauenen, „Latomie“ genannten Steinbrüche. Zu den zahllosen Baudenkmälern hier gehören:

Die Kirche San Nicolò ai Cordari: Erbaut in normannischer Zeit, war dies der Ort, wo 1093 Giordano d’Altavilla, Graf von Syrakus, beigesetzt wurde. Heute bezeichnet sie den Eingang zum Archäologiepark und beherbergt den Informationsschalter;

Das römische Wasserbecken: Unter der Kirche verlaufen natürliche Wasserleitungen zur Versorgung des römischen Amphitheaters, von hier aus wurden auch die Wasserspiele bedient;

Das römische Amphitheater von Syrakus: Großenteils aus dem lebenden Fels gehauen, wurde es erst 1839 wieder ans Licht gebracht und ist mit 140 m Länge und 119 m Breite von monumentalen Ausmaßen. Es besitzt zwei Eingänge und ist über ein komplexes Treppensystem zugänglich; um die Arena herum führt die Cavea mit ihren Sitzreihen, hinter einem erhöhten Podium liegt der überdachte Korridor, durch den die Gladiatoren und die wilden Tiere in die Arena geführt wurden.

Im nördlichen Teil des Hügels befinden sich die „Latomie“, Steinbrüche, die wohl bereits im 5. vorchristlichen Jahrhundert angelegt und bis weit in die römische Zeit hineinin Betrieb waren: Es handelt sich um ausgedehnte Kalksteinbrüche mit großen Höhlen, die auch als Kerker genutzt wurden. Diese Gefängnishöhlen waren eiskalt im Winter und glühend heiß im Sommer – in den Latomien eingekerkert zu sein, kam einem Todesurteil gleich: Die Gefangenen, die keinerlei Möglichkeit zur Flucht hatten, waren Hunger und Entbehrungen ausgesetzt, bis sie starben.

Latomia del Paradiso: Im äußersten Westteil des Hügels gelegen, ist sie die größte Latomie der Neapolis und nur teilweise zugänglich; an manchen Stellen erreicht sie eine Tiefe von 45 m. Sie umfasst drei große Höhlen namens Orecchio di Dionisio, Grotta dei Cordari und Grotta del Salnitro.

Besondere Aufmerksamkeit verdient Orecchio di Dionisio, das “Ohr des Dionys”, dem der Legende zufolge Caravaggio diesen Namen verlieh. Es heißt, dass der Tyrann Dionys I. von Syrakus über diese Höhle heimlich die Gespräche seiner Gefangenen belauschte, und da sie wie das Ohr eines Esels geformt ist, fand Caravaggio den Namen wohl äußerst passend.

Latomia di Santa Venera: Dieser Steinbruch im Ostteil des Hügels ist wegen seines im 18. Jahrhundert hier angelegten Gartens bekannt. Hier steht eine uralte Großblättrige Feige (ficus macrophylla), ein Baum von majestätischer Größe, die sicherlich auf das hiesige Klima zurückzuführen ist.

Und schließlich ist noch das angebliche Grab des Archimedes zu erwähnen. Vorbei an der Latomia di Santa Venera erreicht man die Nekropole Grotticelle mit ihren Grabnischen, und das 'Grab des Archimedes' ist das prächtigste Grabmal von allen. Gerade wegen dieser Großartigkeit glaubte die Bevölkerung lange Zeit, dass das Grab nur dem berühmtesten Syrakusaner aller Zeiten gehören könnte. Leider ist dies nicht der Fall: Es wurde auf die römische Kaiserzeit datiert, also viele Jahrhunderte nach der Zeit von Archimedes. Außerdem wurden im Inneren des Grabes Aschenurnen gefunden, und die Sikelioten von Syrakus pflegten ihre Toten nicht zu verbrennen, sondern zu bestatten.

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