Lange Jahre fehlte auf Sizilien eine zielgerichtete Politik zur Bewahrung des immensen Naturerbes der Insel; die Folge waren uneingeschränkter Raubbau sowie unmäßig und planlos gewachsene Stadtgebiete, wo Häuser und Villen zwischen Fabriken, illegalen Müllplätzen und Lagerschuppen aller Art stehen. Seit zwanzig Jahren gibt es nun auf der ganzen Insel Naturschutzgebiete, von denen einige sehr bedeutend, viele andere aber nicht ausreichend geschützt sind und einige nach wie vor ungestraft ausgebeutet werden. Erst nach und nach wird verstanden, dass diese Gebiete den künftigen Reichtum der Insel ausmachen und daher aufs Sorgfältigste bewahrt und geschützt werden sollten. Der Tourismus von heute tendiert immer mehr zu Anlagen, die in oder in der Nähe dieser Naturoasen mit ihren ganz besonderen Attraktionen liegen. Hierunter sind die vier sizilianischen Naturparks sicherlich die interessantesten, weil die ausgedehntesten und vielseitigsten. Dem
Naturpark am Ätna, dem größten noch aktiven Vulkan Europas, gebührt in dieser Hinsicht sicherlich die Vorrangstellung, denn das Schauspiel eines Ausbruchs an einem seiner Krater ist unwiderstehlich. Der Gipfel des Ätna ist erreichbar zu Fuß (nur in der Gruppe mit Bergführer), mit dem Jeep oder Geländebus (ebenfalls mit Führer), oder auch per Helikopter oder Leichtflugzeug (siehe
etnasicilytouring). An den Hängen des Vulkans liegen zahlreiche, sehr reizvolle Ortschaften, die man bequem mit der um den Ätna herum führenden kleinen Bahn
Circumetnea besuchen kann. Der nahe gelegene
Flusspark des Alcantara bietet Gelegenheit zur Besichtigung des tief eingeschnittenen Flussbetts und seiner Schluchten mit ihren einzigartigen, hoch aufragenden Basaltfelsen und dem sehr kalten und klaren Fluss selbst. Der das gesamte
Nebrodi-Gebirge umfassende Naturpark blickt nach Norden auf das Tyrrhenische Meer; die Araber definierten diese Gegend als eine „Insel auf der Insel“, und auch Sie werden überrascht sein von diesem Ökosystem mit seinen ausgedehnten Wäldern, grünen Hochlandweiden, den stillen Seen und den sprudelnden Bächen, die so sehr im Gegensatz zu dem allgemeinen Bild von Sizilien als einem trockenen und sonnverbrannten Land stehen. Unter den vielen sehenswerten Orten seien hier nur der See Lago del Biviere bei Cesarò, der See Maulazzo an den Hängen der Monte Soro, die Wälder von Miraglia und Mangialaviti, die Höhle San Teodoro und die Kalksteinformationen Rocche del Crasto erwähnt. Der
Madonien-Naturpark umfasst das riesige Gebiet der gleichnamigen Höhenzüge, deren Nordhänge ebenso wie die nahe gelegenen Nebrodi-Berge von tiefen Tälern durchzogen sind und in mächtigen Felsabstürzen zum Meer hin abfallen. Das Ökosystem der Madonien ist jedoch recht verschieden von dem der Nebrodi; es gibt viel weniger Waldgebiete, die Vegetation ist jedoch oft einzigartig auf Sizilien. Hier wurden zahllose Wanderwege erschlossen, von denen wir hier nur die nach Piano Pomo (wo die ungewöhnlichen Riesen-Stechpalmen wachsen), Piano Cervi und Madonna dell’Alto (ein Wallfahrtskirchlein mitten im Grünen und oft auch im Hochsommer von Bergnebel umhüllt) erwähnen wollen. Die Fauna ist äußerst vielfältig, und nicht selten sieht man Raubvögel, Füchse, Igel, Schildkröten, Frettchen, Wildschweine und Hirsche. Zu den unter touristischem Gesichtspunkt interessantesten Naturoasen gehört das
Reservat Vendicari in der Nähe von Noto, wo zahlreiche verschiedene Vogelarten, besonderes Zugvögel, nisten oder Station machen, darunter Stelzenläufer, Graureiher, Störche und Flamingos. das Reservat beherbergt auch mehrere archäologisch und architektonisch interessante Gebiete, darunter auch die Überreste einer alten
tonnara (Anlage für den Thunfischfang); wunderschön sind auch die weißen Sandstrände. Das zwischen San Vito Lo Capo und Scopello in der Provinz Trapani gelegene
Naturschutzgebiet Lo Zingaro ist mit seiner seltenen Mittelmeervegetation ein einzigartiger Ort zum Wandern; der Weg führt am Meer entlang bis zu dem herrlichen Strand Spiaggia dell’Uzzo. Natürlich kann man das Reservat auch vom Boot aus bewundern. Nur wenige Kilometer hinter Trapani liegt das Naturschutzgebiet um die
Lagune von Mozia (
Riserva dello Stagnone di Trapani) mit seiner unverwechselbaren Landschaft aus Salzwasser-Seen, aus denen Speisesalz gewonnen wird. Die zahlreichen Windmühlen hier sind fast alle restauriert und können besichtigt werden. Das Naturreservat
Cavagrande del Cassibile umfasst den Fluss Cassibile und die tiefen Canyons seines Betts, das am Boden der Schluchten kleine Seen und Wasserfälle bildet, die in etwa einer Stunde zu Fuß erreichbar sind Zwei vorgeschichtliche Höhlensiedlungen befinden sich ebenfalls hier, sind aber nur schwer zugänglich. Ein weiteres Naturreservat ist
Pantalica, auf einer Hochebene gelegen und von Schluchten umgeben, die die Flüsse Anapo und Calcinara im Laufe der Jahrtausende ausgewaschen haben. Die Hochebene hier ist auch unter archäologischem Gesichtspunkt hochinteressant, beherbergt sie doch die ausgedehnte Nekropole von Pantalica, deren unzählige Grabhöhlen in den lebenden Fels gehauen wurden und sich über sechs Höhenniveaus verteilen. man kann das Anapo-Tal aus einer Länge von 10 km entlang der alten Eisenbahnlinie Syrakus-Vizzini durchwandern. Die
Naturoase am Fluss Ciane umfasst auch die Salinen von Syrakus und ist ein Feuchtgebiet entlang des Ciane, an dessen Ufern die in Europa einzigartigen echten Papyrusstauden wachsen. Ein weiteres geschütztes Gebiet umfasst die „Maccalube“ bei Aragona (
Riserva naturale integrale di Maccalube di Aragona), kleine Schlammvulkane, deren heißer Fango in römischer Zeit zur Linderung von rheumatischen Beschwerden und auch als Schönheitskur genutzt wurde. Weitere interessante Naturreservate, wo man auch wunderbar baden kann, gibt es am den Flüssen
Simeto,
Irminio,
Belice,
Asinaro,
Platani und
Salso. Bedeutende Meeresschutzgebiete befinden sich bei Syrakus (
Plemmirio), Taormina (
Isola Bella) und Mondello (
Capo Gallo) und ebenso auf den Inseln
Ustica,
Lampedusa und
Linosa, sowie den
Ägadischen Inseln vor Trapani.
Less